63. Brauerstammtisch – 2. Dezember 2022

63. Brauerstammtisch – 2. Dezember 2022

Lange geplant, ebensolange gefürchtet und jetzt fand er tatsächlich
statt: Der große Showdown der 22+ Biere!

Vor fast einem Jahr beschlossen die Mitglieder für den Dezember Starkbiere einzubrauen. Einzige Voraussetzung waren mindestens 22° P Stammwürze, daher 22+. Und so wurde das ganze Jahr über gebraut, von Läuterproblemen berichtet, an stockender Gärung verzweifelt, hefegestopft, Haare gerauft um dann final die Ergebnisse am Dezember-Stammtisch präsentieren zu können. Da jedem der Teilnehmer ungefähr klar war, was für eine verkostungstechnische Herkulesaufgabe bevorstand, fand man den Weg ins Reiterstüberl des Bürgerbräus mittels Bahn, Fahrgemeinschaft und Fahrservice. Unser Biersommelier Tom Pilawa wies den 7 Teilnehmern noch schnell eine vernünftige Verkostungsreihenfolge zu, lies seine edlen Bierkelche nochmal schnell durchspülen und dann ging es los:

No 1: „Doppelbock in der Doppelmagnum“

Etwas kokett merkte unser eingeschworenes Brauer-Team Konrad und Christian an, daß sie nur eine Flasche dabei hätten. Sinnvollerweise stand dieses Bier am Anfang, da im Verlauf des Abends wohl die Kristallkelche beim Einschenken aufgrund des Flaschengewichts zerstört worden wären. Der Doppelbock zeigte sich unverdächtig und sauber untergärig vergoren in der Nase, erste Noten von Karamell machten sich bemerkbar. Diese wiederholten sich am Gaumen, ein sanftes Vorderwürzebier, weich und ohne störende Gerbsäuren, die reine Perlehopfung unterstützte die gefährliche Trinkigkeit, trotz deutlicher Restsüsse ein Bier das zum nächsten Schluck animiert.

Wer ko der ko!

No 2: „Dunkler Doppelbock aus der Literflasche“

Dem zweiten untergärigen Starkbier von Alwin und Alex wurde etwas Rauchmalz zudosiert, auch die Hopfung war etwas markanter in der Nase. Aromen von roten Früchten und etwas Schwarzwälder Schinken, ergaben eine raffinierte Komplexität. Am Gaumen fanden sich alle bereits mit der Nase wahrgenommenen Eindrücke wieder, die deutliche Süsse wurde von einer ganz leichten angenehmen Säure abgemildert die sehr gut zum Aromaprofil passte.

No 3: „Starkbier-Kveik „KRISPY“

Unser Brau-Kollege Jonas hat sich mitterweile einen Ruf als unerschütterliche Kveik-Liebhaber erarbeitet. Und so war es nicht wirklich überraschend, daß er auch auf den Starkbierbiersud eine dieser nordischen Hefen ansetzte. KRISPY sind zwei Hefetypen die im Labor aus dem „Skare kveik“ isoliert wurden. Sie sollen besonders trockene, gut klärende und neutrale „lagerähnliche“ Biere erzeugen. Und das ganze bei Badezimmertemperaturen von 20° – 30° C. Dieses Bier direkt nach den Lagern zu platzieren machte es natürlich recht leicht die Werbeversprechen direkt zu überprüfen. Tatsächlich war das Bier deutlich neutraler als wir das von einer Kveik erwartet hätten. Der Eindruck in der Nase war sehr trocken und brotig aber auch etwas spritig mit einem Hauch Lösungsmittel. Der wärmende Alkohol fand sich auch am Gaumen wieder, das Bier schmeckte süss und mit deutlichen Honignoten. Die etwas nachhängende Bittere des verwendeten Bitterhopfens fiel vorallem im Vergleich zu den sehr sanften Vorgängern auf. Damit war der Weg geebnet für die obergärigen Biere.

No 4: „Die Antwort“

Tom brachte mal wieder aus seiner eiskalten Schatzkammer eine weitere Flasche seines 42 Flaschen starken Langzeitreifungsexperiments „Die Antwort“ mit. Regelmäßige Stammtischbesucher hatten sicher bereits das Vergnügen und auch diesesmal zeigte sich das Bier wieder von einer neuen Seite. Aromen nach Bittermandel und Marzipan zeigten sich an der Nase umspielt von spürbaren Reifungstönen und einem alkoholischen Ton. Am Gaumen zeigte sich das Bier wie klarer, süsser Nektar, damit geringerer Komplexität als in der Nase. Der Großteil der Teilnehmer zeigte sich dennoch sehr erfreut.

No 5: „Zefix – Barley Wine“

Die Namensgebung weist auf eine ziemliche Läuterkatastrophe inklusive umfangreicher Fußbodenreinigung hin. Dennoch haben sich die Opfer gelohnt. Das Bier trumpft mit der Aromenpalette belgischer Trappistenerzeugnisse auf, also einer Nase voller getrockneter Früchte wie Aprikose und Pflaume sowie Kaffeenoten. Am Gaumen ist die edle Süsse gut von einer großen Hopfenbittere abgefangen, leider akkumuliert sich die Bittere mit jedem Schluck im Mund, darüber tröstet leider auch die ölige Textur nicht hinweg. Eine Rezeptur und Zusammenstellung mit großem Potential, gebraut von Matthias.

No 6: „Projekt 22+ Baltic Porter

Wolfgangs Porter konnte es gar nicht erwarten verkostet zu werden, nach dem Öffnen der Flasche stieg es als karamellbrauner Schaum den Verkostern entgegen. Die fleischige Nase bot passend zur Jahreszeit eine an Lebkuchen erinnernde Gewürzigkeit. Auch das verwendete Röstmalz machte sich aromatisch bemerkbar. Wie jedes der 22+ Biere auch hier eine deutliche Süsse die mit engagierter Bitterung ausgeglichen wurde.

No 7: „Bierlikör“

Mit 22 konnte es Tom natürlich nicht gut sein lassen, er konzentrierte sich auf das Plus. Hier werden Grenzen der Läuterbarkeit, der Vergärbarkeit und irgendwann auch der Ausgießbarkeit erreicht. Die ersten Atemzüge aus dem Glas versetzten die Verkoster an das Ende eines Menüs im China-Restaurant mit typischen Ume-Pflaumenwein-Noten, die Süsse ist deutlich, etwas Gewürze, Vanille, gegen Ende gewisse „Dreckigkeit“, Sauerteignoten. Der Geschmack erinnert an Süsswein, dickflüssig wie Motoröl, gewisse Salzigkeit, Umami-Noten (Sojasosse). Letzteres möglicherweise ein Zeichen für Hefeautolyse. Tom hat so manches an Vergärern in den Behälter gekippt, so auch einen Orval-Bodensatz der ja bekanntlich Brettanomyces enthält. Mal sehen was aus dem Bier noch wird, genug zu futtern für die Mikroorganismen wäre vorhanden – so sie denn den hohen Zucker- und Alkoholgehalt überleben.

22+, ein echter Stammtischhöhepunkt der die Vielfalt der superstarken Biere fulminant angerissen hat. Sämtliche Biere bewegten sich auf beachtlichem Niveau und hätten wohl auch den größten Starkbierskeptiker überzeugt – wäre denn einer anwesend gewesen!

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